Der NABU Regionalverband Senftenberg betreut regelmäßig während der Laichwanderungen im Frühjahr Amphibienschutzzäune im Süden des Landkreises Oberspreewald-Lausitz (OSL). Das dient hauptsächlich dem Schutz der örtlichen Amphibienpopulation vor dem hier recht lebhaften Straßenverkehr. Es erlaubt aber auch eine regelmäßige Bestandskontrolle, die sonst kaum möglich wäre, und damit auch Aussagen zum Trend bei den lokalen Amphibien-Populationen.
Und dieser Trend ist leider deutlich negativ. An allen 3 Standorten gehen in den letzten Jahren sowohl die Artenzahlen als auch die Zahlen der Individuen mit kleinen Schwankungen immer weiter zurück. Das entspricht dem allgemeinen Trend zum Rückgang von Biodiversität und Biomasse. Über die Ursachen des Rückgangs der lokalen Amphibienpopulationen können wir nur spekulieren, aber mit Sicherheit sind mehrere Faktoren dafür verantwortlich.
Einer davon ist sicher die allgemein zunehmende Trockenheit. Diese setzt nicht nur den adulten Amphibien beim Aufenthalt an Land zu. Besonders fatal ist es wenn durch Niederschlagsmangel, Hitze und schlechtes Wassermanagement die oft nur kleinen und flachen Laichgewässer austrocknen, bevor die kiemenatmenden Kaulquappen ihre Metamorphose beenden können. Das kann dann zum Ausfall eines kompletten Jahrgangs führen. Das Austrocknen von Laichgewässern im späten Frühling oder Frühsommer konnten wir bereits am Sorgenteich und auch am Tiefen Teich bei Lipsa beobachten. Wir brachten unsere Fänge deshalb bis zum benachbarten Großen Teich.
Eine negative Rolle spielen auch diverse Prädatoren, denn unsere heimischen Amphibien haben zahlreiche Fressfeinde, die einer bereits geschwächten Population weiter zusetzen können. Neben teilweise schon seltenen und geschützten heimischen Tieren wie Weißstorch, Schwarzstorch, Kranich, Graureiher oder Fischotter tun sich hier besonders invasive Neozoen wie Waschbär, Marderhund und Mink hervor. Der Waschbär ist auch verantwortlich für zahlreiche getötete und teilweise gefressene Knoblauchkröten an unserem Amphibienzaun am Sorgenteich, das konnten wir mit Wildkameras nachweisen.
Eine weitere Ursache könnte die konventionelle Landwirtschaft sein, die teilweise auch in der Nähe unserer Biotope stattfindet. Große Monokulturen, fehlende Rückzugsräume wie Feldgehölze, Feldraine und Lesesteinhaufen, zugeschüttete Kleingewässer und Überdüngung mit Gülle machen den Amphibien das Leben schwer. Und die diversen Pestizide wirken nicht nur direkt über die nackte feuchte Amphibienhaut ein, sondern dezimieren auch Insekten und andere wirbellose „Schädlinge“, die für Amphibien die wichtigste Nahrungsquelle sind. Vermutlich gibt es noch weitere Ursachen für den Rückgang.
Standort Park Lipsa
Zaunlänge: | ≈ 300 m |
Lage: | Kreisstraße K 6603 zwischen Hermsdorf und Lipsa |
Standzeit: | 24. 2. bis 20. 4. 2024 |
Laichplatz:: | Großer Teich, Tiefer Teich |
Standort Guteborn
Zaunlänge: | ≈ 300 m |
Lage: | Landstraße L 55 zwischen Guteborn und Ruhland |
Standzeit: | 23. 2. bis 20. 4. 2024 |
Laichplatz:: | Sorgenteich |
Standort Niemtsch
Zaunlänge: | ≈ 300 m |
Lage: | Kreisstraße K 6602 zwischen Niemtsch und Peickwitz |
Standzeit: | 27. 2. bis 20. 4. 2024 |
Laichplatz:: | Westzipfel des Senftenberger Sees |
Standort Lipsa:
Standort Sorgenteich Guteborn:
Standort Niemtsch:
Amphibien-Gesamtzahlen an den 3 Standorten:
Die Zahl der von uns in den Fangeimern gefundenen Amphibien hat sich an allen 3 Standorten in den letzten 7 Jahren nahezu kontinuierlich verringert. Inzwischen haben fast alle Arten bereits ein sehr kritisches Level erreicht, und ihr Fortbestand muss als stark gefährdet eingeschätzt werden. An den Standorten Lipsa und Guteborn kann man nur noch die Knoblauchkröte als einigermaßen häufig bezeichnen, alle übrigen dort vorkommenden Arten sind hier inzwischen sehr selten geworden oder möglicherweise bereits ganz verschwunden. Die Erdkröte findet man nur noch am Standort Niemtsch einigermaßen häufig, aber auch mit deutlich rückläufiger Tendenz. An den beiden anderen Standorten ist die einst so häufe Erdkröte schon fast verschwunden.
Die verschiedenen Froscharten sind inzwischen überall Raritäten oder verschwunden. Auch die Zahlen von Teichmolch und Kammmolch sind in Lipsa und Guteborn stark rückläufig, den Teichmolch haben wir in den letzten 2 Jahren gar nicht mehr gefunden. Am Standort Niemtsch konnten wir noch gar keine Molche nachweisen.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer liefert die seltene Rotbauchunke, die erst in den letzten Jahren in Lipsa und Guteborn aufgetaucht ist und sogar leicht steigende Zahlen aufweist. Allerdings sind diese Zahlen noch viel zu gering, um als statistisch gesichert gelten zu können. Und dasselbe gilt auch für die Populationen selbst; sie müssen immer noch als stark gefährdet durch Prädatoren und durch sich eventuell verändernde Umweltfaktoren eingestuft werden. Die Rotbauchunke ist nicht nur wie alle heimischen Amphibienarten durch die BArtSchV besonders geschützt; sie findet sich außerdem als besonders schützenswerte Art in Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Man kann nur hoffen, dass sich diese kleinen Populationen hier erhalten und weiter entwickeln können.
Die Fotos im Anhang zeigen die Laichgewässer bei unseren Amphibienschutzzäunen sowie Nahaufnahmen der beiden in diesem Jahr häufigsten Arten. (Text und alle Fotos: Uwe Kunick)