Bäume im Schlosspark:

(6) Gemeine Birke

Botanischer Name: Betula pendula ROTH

Synonyme: Sandbirke, Weißbirke, Hängebirke, Gewöhnliche Birke, Warzenbirke

 

Größe: 15 – 25 m, maximal 30 m hoch

Alter: maximal 150 Jahre

Gemeine Birke. Links: Farbtafel aus Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland,

Österreich und der Schweiz 1885, Gera; rechts: Beginn der Laubfärbung im Herbst, Foto: Darkone (21. 10. 2004); Bild-Quelle (beide): Wikipedia

Die Blätter der Gemeinen Birke sind dreieckig bis rautenförmig mit lang ausgezogener Spitze, der Blattrand ist doppelt gesägt. Sie ziehen sich zahlreich wechselständig und schraubig um die dünnen Zweige und sind 4 – 7 cm lang. Die Blätter sind kahl und dunkelgrün. Im Herbst werden sie kurz vor dem Laufabwurf leuchtend goldgelb.

 

Die junge Rinde der Gemeinen Birke ist zunächst glatt und schwarz. Durch die Einlagerung von Betulin wird sie allerdings immer heller und nach einigen Monaten fast rein weiß. Erst im höheren Alter platzt die Rinde auf und es zeigen sich als Borke kurze aber tiefe Risse mit wulstigen Rändern, die schwarz bis grau aussehen und zwischen den Resten der weißen Rinde besonders im unteren Stammbereich auffallen.

 

Die Blüten der Gemeinen Birke werden durch den Wind bestäubt und können deshalb auf große bunte Kronenblätter als „Werbetafeln“ für Insekten verzichten. Die weiblichen Blüten sind etwa 2 - 4 cm lange kompakte unscheinbar grüne Kätzchen, die meist aufrecht oder leicht geneigt auf den Zweigen stehen. Die männlichen Blüten sind etwas auffälligere 6 – 10 cm lange herabhängende bräunlich gelbe Kätzchen, die große Mengen von Pollen produzieren. Die Gemeine Birke blüht von April bis Mai etwa zusammen mit der Entfaltung der Blätter.

Die befruchteten weiblichen Kätzchen reifen bis zum August oder September zu dicken

zylindrischen grünen „Würsten“ heran. Bei Samenreife lösen sich diese Fruchtstände auf und

zerfallen in zahlreiche höchstens 3 mm lange bräunliche Nüsschen mit zwei dünnen Flughäuten. Diese werden schon bei mildem Wind oft weit verfrachtet und können fast überall keimen. Auf diese Weise ist die anspruchslose Birke ein typisches Pioniergehölz. Sie gehört mit zu den ersten Gehölzen, die sich auf natürlichen Sukzessionsflächen, nach Waldbränden und Sturmschäden, auf Schuttplätzen oder im fast unfruchtbaren Tagebaugelände ansiedeln. Sie verträgt sauren und auch basischen Boden und kommt mit Nässe und Trockenheit klar. Selbst eine schlecht gereinigte Dachrinne genügt der Birke zum Anwachsen. Sie bereitet dann den Boden für anspruchsvollere Gehölze vor, die später die konkurrenzschwache Birke meist verdrängen.

Die Gemeine Birke im Wandel der Jahreszeiten. Alle Fotos: Uwe Kunick

Vorkommen: Die Gemeine Birke ist weit verbreitet und häufig im gemäßigten bis nordischen

Nordamerika, Europa und Asien zu finden. In Skandinavien und Sibirien bildet sie fast im

Reinbestand große Wälder und ist eine Art „inoffizieller Nationalbaum“. In Mitteleuropa findet man Birken auch oft als dekorativen Zierbaum in Parks und Gärten, teilweise auch als Straßenbaum. Wegen ihres zarten grünen Laubflors im Mai gelten Birken besonders in ländlichen Gegenden nach dem langen Winter als traditionelles Frühlingssymbol („Maibaum“).

Links: Verbreitung der Hängebirke in Europa. Grafik: waldwissen.net, Quelle: euforgen.org –

rechts: Birkenstamm mit der arttypischen Rinde. Foto: Uwe Kunick

Das Holz der Gemeinen Birke ist eher weich, aber zäh und elastisch. Es lässt sich leicht bearbeiten, ist aber vor allem im Freien wenig dauerhaft. Im Innenbereich wird es für Möbel verwendet, schön gemaserte Stücke werden auch als Furnier genutzt. Früher wurden aus Birkenholz zahlreiche Werkzeuge und Geräte des täglichen Bedarfs vom Löffel über Essgeschirr bis zum Holzschuh geschnitzt; dafür gibt es aber inzwischen besser geeignete Werkstoffe. Deshalb wird Birkenholz heute meist für weniger anspruchsvolle Zwecke verwendet wie z. B. Für Span-, Sperrholz- und Faserplatten, zur Gewinnung von Zellstoff oder einfach als Brennholz. Birkenreisig wird in ländlichen Gegenden noch zu Besen zusammengebunden und in der traditionellen finnischen Sauna zum Geißeln der Haut benutzt.

 

Neben dem Holz liefert die Gemeine Birke weitere Produkte von wirtschaftlicher Bedeutung.

Diverse Erzeugnisse finden in der traditionellen Natur-Medizin Verwendung, z. B. Birkensaft für guten Haarwuchs, Birkenteer gegen Hautkrankheiten oder der harntreibende Birkenblättertee zum Ausspülen von kleinen Nieren- und Blasensteinen. Birkenpech war einer der ersten Klebstoffe, die Menschen seit der Altsteinzeit verwendet haben.

Gemeine Birke im Frühjahr: links männliche (♂) und rechts weibliche (♀) Blüten.

Fotos: Uwe Kunick

Auch in ökologischer Sicht ist die Gewöhnliche Birke ein wichtiger Baum. Entomologen fanden darauf rund 500 verschiedene Insektenarten, die sich mehr oder weniger stark auf diese Baumart spezialisiert haben, darunter u. a. 106 Käfer, 140 Groß- und 105 Kleinschmetterlinge. Besondere Popularität unter diesen Arten erlangte der Birkenspanner Biston betularia, weil man bei ihm das Phänomen des „Industrie-Melanismus“ entdeckte. Normalerweise sind Birkenspanner weiß mit zahlreichen kleinen unregelmäßigen schwarzen Punkten, was den Falter auf der Birkenrinde hervorragend tarnt. Im späten 19. Jahrhundert fand man in englischen Industriegebieten verstärkt die komplett schwarzbraune Färbungsvariante Biston betularia forma carbonaria und deutete das als Anpassung an die vom Kohlen- und Holzfeuerrauch geschwärzten Birkenstämme, auf denen auch kaum noch helle Flechten wuchsen. Denn hier war die vorher seltene dunkle Form nun besser

getarnt als die helle Farbvariante und hatte dadurch größere Überlebenschancen. Diese Hypothese ist nicht unumstritten, dient aber seitdem als gern in Lehrbüchern gezeigtes Paradebeispiel für die ständig ablaufende Evolution als Zusammenspiel von Mutation und Selektion.

Birkenspanner Biston betularia ♂♂: links Normalform, rechts melanistische Form

(beide Fotos: Chiswick Chap, Quelle: Wikipedia)

Verwechslungsgefahr: Nahe verwandt und ähnlich ist die Moor-Birke Betula pubescens. Sie

bevorzugt aber feuchte bis nasse Standorte wie z. B. Moore, Bruchwälder und Auwälder; in

trockenen Kiefernheiden gedeiht sie nicht. Ihre Rinde ist hell, aber nicht so rein weiß wie die der Sandbirke. Ihre Blätter sind eher eiförmig und nicht so ausgeprägt dreieckig bis rhombisch; außerdem sind sie besonders entlang der Blattrippen fein behaart. Das einfachste

Unterscheidungsmerkmal sind die dünnen Zweige: bei der Moorbirke wachsen sie aufrecht bis

waagerecht, und bei der „Hängebirke“ hängen ihre Enden mehr oder weniger senkrecht herunter.