Amphibienwanderung 2025

1. Amphibienschutzzäune

Der NABU Regionalverband Senftenberg betreut regelmäßig während der Laichwanderungen im Frühjahr Amphibienschutzzäune im Süden des Landkreises Oberspreewald-Lausitz (OSL). Das dient hauptsächlich dem Schutz der örtlichen Amphibienpopulation vor dem hier recht lebhaften Straßenverkehr. Es erlaubt aber auch eine regelmäßige Bestandskontrolle, die sonst kaum möglich wäre, und damit auch Aussagen zum Trend bei den lokalen Amphibien-Populationen.

 

Und dieser Trend ist leider deutlich negativ. An allen 3 Standorten gehen in den letzten Jahren sowohl die Artenzahlen als auch die Zahlen der Individuen mit kleinen Schwankungen immer weiter zurück. Das entspricht dem allgemeinen Trend zum Rückgang von Biodiversität und Biomasse. Über die Ursachen des Rückgangs der lokalen Amphibienpopulationen können wir nur spekulieren, aber mit Sicherheit sind mehrere Faktoren dafür verantwortlich.

 

Einer davon ist sicher die allgemein zunehmende Trockenheit. Diese setzt nicht nur den adulten Amphibien beim Aufenthalt an Land zu. Besonders fatal ist es, wenn durch Niederschlagsmangel, Hitze und schlechtes Wassermanagement die oft nur kleinen und flachen Laichgewässer austrocknen, bevor die kiemenatmenden Kaulquappen ihre Metamorphose beenden können. Das kann dann zum Ausfall eines kompletten Jahrgangs führen. Das Austrocknen von Laichgewässern im späten Frühling oder Frühsommer konnten wir auch 2025 am Sorgenteich und auch am Tiefen Teich bei Lipsa beobachten. Wir brachten unsere Fänge deshalb bis zum benachbarten Großen Teich. Der Wernerteich gegenüber dem Sorgenteich führte schon im April kaum noch Wasser.

 

Eine negative Rolle spielen auch diverse Prädatoren, denn unsere heimischen Amphibien haben zahlreiche Fressfeinde, die einer bereits geschwächten Population weiter zusetzen können. Neben teilweise schon seltenen und geschützten heimischen Tieren wie Weißstorch, Schwarzstorch, Kranich, Graureiher oder Fischotter tun sich hier besonders invasive Neozoen wie Waschbär, Marderhund und Mink hervor. Der Waschbär ist auch verantwortlich für zahlreiche getötete und teilweise gefressene Knoblauchkröten an unserem Amphibienzaun am Sorgenteich, das konnten wir mit Wildkameras nachweisen. Meist frisst er nur die Hinterbeine und verschmäht den „Rest“.

 

Eine weitere Ursache könnte die konventionelle Landwirtschaft sein, die teilweise auch in der Nähe unserer Biotope stattfindet. Große Monokulturen, fehlende Rückzugsräume wie Feldgehölze, Feldraine und Lesesteinhaufen, zugeschüttete Kleingewässer und Überdüngung mit Gülle machen den Amphibien das Leben schwer. Und die diversen Pestizide wirken nicht nur direkt über die nackte feuchte Amphibienhaut ein, sondern dezimieren auch Insekten und andere wirbellose „Schädlinge“, die für Amphibien die wichtigste Nahrungsquelle sind. Zusätzlich konzentrieren sich die mit diesen Insekten aufgenommenen Gifte in der nächsten Stufe der Nahrungskette zum Amphibium weiter. Vermutlich gibt es noch weitere Ursachen für den Rückgang. 

 

 

2. Standorte

Standort Park Lipsa 

Zaunlänge:  ≈ 300 m
Lage:  Kreisstraße K 6603 zwischen Hermsdorf und Lipsa
Standzeit:  1. März bis 26. April 2025
Laichplatz:: Großer Teich, Tiefer Teich

Standort Guteborn

Zaunlänge:  ≈ 300 m
Lage:  Landstraße L 55 zwischen Guteborn und Ruhland
Standzeit: 1. März bis 26. April 2025
Laichplatz:: Sorgenteich,  eventuell auch Wernerteich auf der anderen Straßenseite

Standort Niemtsch

Zaunlänge:  ≈ 300 m
Lage:  Kreisstraße K 6602 zwischen Niemtsch und Peickwitz
Standzeit: 1. März bis 26. April 2025
Laichplatz:: Westzipfel des Senftenberger Sees

3. Ergebnisse: Amphibienzahlen in den Jahren 2018 - 2025

4. Auswertung

Die Zahlen der von uns in den Fangeimern gefundenen Amphibien haben sich an allen 3 Standorten in den letzten 8 Jahren nahezu kontinuierlich verringert. Inzwischen haben fast alle Arten bereits ein sehr kritisches Level erreicht, und ihr Fortbestand muss als stark gefährdet eingeschätzt werden. An den Standorten Lipsa und Guteborn kann man nur noch die Knoblauchkröte als einigermaßen häufig bezeichnen, alle übrigen dort vorkommenden Arten sind hier inzwischen sehr selten geworden oder möglicherweise bereits ganz verschwunden. Die Erdkröte findet man nur noch am Standort Niemtsch einigermaßen häufig, aber auch mit deutlich rückläufiger Tendenz. An den beiden anderen Standorten ist die einst so häufe Erdkröte schon fast verschwunden

 

Die verschiedenen Froscharten sind inzwischen überall Raritäten oder verschwunden. Auch die Zahlen von Teichmolch und Kammmolch sind in Lipsa und Guteborn stark rückläufig, den Teichmolch haben wir in den letzten 2 Jahren gar nicht mehr gefunden. Eine Ursache hierfür könnte allerdings auch sein, dass wir zumindest den Beginn der Wanderung verpasst haben. Wikipedia konstatiert dazu: „In Mitteleuropa begeben sich Teichmolche sehr frühzeitig nach Ende des Frostes (im Tiefland oft schon ab Februar) auf Wanderschaft zu ihrem Laichgewässer.“ Und die letzte Februardekade 2025 war überwiegend frostfrei, bevor es im März noch mal kälter wurde. Am Standort Niemtsch konnten wir noch gar keine Molche nachweisen.

 

Einen kleinen Hoffnungsschimmer liefert die stark gefährdete Rotbauchunke, die erst in den letzten Jahren in Lipsa und Guteborn aufgetaucht ist und sogar leicht steigende Zahlen aufweist. Allerdings sind diese Zahlen noch viel zu gering, um als statistisch gesichert gelten zu können, und zuletzt waren sie eher rückläufig. Und das gilt auch für die Populationen selbst; sie müssen immer noch als stark gefährdet durch Prädatoren und durch sich eventuell verändernde Umweltfaktoren eingestuft werden. Immerhin konnte ich im April am Tiefen Teich Lipsa immer wieder die charakteristischen Balzrufe von 2 – 3 Rotbauchunken hören. Die Rotbauchunke ist nicht nur wie alle heimischen Amphibienarten durch die BArtSchV besonders geschützt; sie findet sich außerdem als besonders schützenswerte Art in Anhang II der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. Man kann nur hoffen, dass sich diese kleinen Populationen hier erhalten und weiter entwickeln können. Ebenfalls erfreulich ist, dass wir nach mehreren Jahren mit „Nullrunden“ diesmal gleich an 2 Standorten insgesamt 8 Laubfrösche nachweisen konnten. Diese Art ist in Deutschland als „gefährdet“ eingestuft.

 

Als „Beifang“ in den Eimern fand ich eine Waldeidechse am 15. April am Sorgenteich und eine vor Kälte fast starre halbwüchsige Zauneidechse am 2. April bei Niemtsch. Häufigster Beifang in zahlreichen Eimern war der stattliche Hainlaufkäfer, und deutlich seltener der Körnige Laufkäfer sowie vereinzelt kleinere Laufkäferarten.

 

Die Fotos im diesjährigen Anhang zeigen Nahaufnahmen von 4 Amphibien- und 2 Reptilien-Arten aus unseren Eimern. (Foto Laubfrosch: Jörg Pahlitsch; Text und alle übrigen Fotos: Uwe Kunick)